Frauen sind auf besondere Weise von Obdachlosigkeit bedroht: Wenn eine Beziehung zerbricht, wenn man arbeitslos ist oder die Rente nicht reicht, verlieren manche von ihnen die Wohnung. Wenn häusliche Gewalt dazu kommt, ist die Flucht ins Frauenhaus eine naheliegende Lösung. Ein großes Problem dabei ist, dass die meisten Frauen, trotz intensiver Bemühungen, im Anschluss an ihren Aufenthalt im Frauenhaus keinen bezahlbaren Wohnraum finden. Die Wohnungsnot führt vermehrt dazu, dass Plätze im Frauenhaus seltener neu belegt werden können.
Nach vielen Jahren gewaltgeprägter Partnerschaft fand Leyla (Name von der Redaktion geändert) im Frühjahr 2019 mit ihren zwei Kindern Zuflucht im Dachauer Frauenhaus. Heute steht sie wieder mit beiden Beinen im Leben, hat ihr Selbstbewusstsein zurückerlangt, ist mittlerweile geschieden und möchte mit ihren Kindern ein normales Leben in einer eigenen Wohnung führen. Laura Kaufmann, Leiterin des Frauenhauses in Dachau, unterstützt Leyla mit ihrem Team nach Kräften. Es mangelt jedoch an verfügbaren Sozialwohnungen.
Weniger Opfer finden Schutz, weil die Frauen länger bleiben „Aus der Wohnungsnot heraus bleiben viele Frauen länger im Frauenhaus als sie müssten“, weiß Laura Kaufmann. In den Richtlinien für Frauenhäuser des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales steht: „Die Aufenthaltsdauer richtet sich nach der individuellen Situation der Frau, sie soll in der Regel 10 Wochen nicht überschreiten.“ „In der Praxis lasse sich dieser Zeitraum kaum einhalten. Die meisten Frauen und ihre Kinder brauchen deutlich länger, um sich nach der erlebten Gewalt zu sammeln und das Leben zu sortieren“, erklärt hingegen Kaufmann. „Dann kommen noch die Probleme bei der Wohnungssuche hinzu. Viele unserer Klientinnen leben von Arbeitslosengeld, haben einen ausländischen Namen, sind alleinerziehend mit kleinen Kindern und kommen deshalb für viele Vermieter*innen auf dem freien Wohnungsmarkt nicht in Frage.“
Die Wartezeit auf eine Sozialwohnung ist lang
„Unsere Klientinnen warten zwischen 3 bis 8 Jahre auf eine Sozialwohnung. Mehr bezahlbarer Wohnraum wäre dringend notwendig, damit die Frauen mit ihren Kindern direkt aus dem Frauenhaus in eine sichere eigene Wohnung ziehen können“, so Kaufmann. Manchmal bliebe den Frauen nach ihrem Aufenthalt im Frauenhaus nur noch die Obdachlosenunterkunft als Notlösung. Diese Schwelle zu überschreiten, sei für viele Betroffene schwer. „Für die meisten Frauen ist das ein sehr großer sozialer Abstieg“, erklärt Kaufmann. „Zu wissen, ich bin dann obdachlos, ist eine enorme Belastung.“
Das Geld bestimmt den zeitlichen Rahmen
Die Länge der Finanzierung eines Platzes im Frauenhaus hängt immer von der individuellen Situation jeder Frau ab. Das Team im Frauenhaus Dachau versucht, dass jede Frau so lange bleiben kann, bis sie sich stabilisiert und einen Plan für die Zukunft habe. Gesichert seien die ersten sechs Monate im Frauenhaus. Danach müsse begründet werden, warum die Frau nach wie vor auf einen Frauenhausplatz angewiesen ist. „Alle drei Monate müssen wir die Aufenthaltsberechtigung nachweisen“, erklärt Kaufmann. „Sollte diese nicht anerkannt werden, kann das das Ende der Finanzierung bedeuten. Dass die Frau noch keine Wohnung gefunden hat, ist kein Grund für die Finanzierungsstelle, sie weiter zu unterstützen.“ Leyla steht mittlerweile an Platz 14 auf der Warteliste für Sozialwohnungen der Stadt Dachau. Sie möchte gerne in Dachau bleiben. Wenn sie keine Wohnung bekommt, dann brauche es eine erneute Begründung und nach 3 Monaten eine weitere Stellungnahme, so Kaufmann. Und die Warteliste für die wenigen Plätze im Frauenhaus ist lang: Im letzten Jahr konnten von 113 Platzanfragen nur 7 Frauen aufgenommen werden.
Astrid Kornelius
Den gesamten Artikel finden Sie nachfolgend unter Downloads.
Nutzen Sie das Formular für allgemeine Fragen und Anliegen an unsere Hauptverwaltung. Einrichtungsspezifische Anfragen (zu freien Plätzen o.Ä.) bitten wir Sie über die Kontakt-E-Mail-Adressen des jeweiligen Hauses zu stellen.